Herausfordernde Zeiten

Meine ehrenamtliche Arbeit in Zeiten von Corona

Der Lockdown und die Kontaktbeschränkungen durch die Coronakrise haben die Unterstützung geflüchteter Menschen durch unser Netzwerk Neue Nachbarn Werder sehr erschwert. Wir können jetzt weder Sprachtraining für die Eltern im „Treffpunkt“ anbieten noch gemeinsames Kaffeetrinken, Ausflüge oder Gruppenangebote für Frauen. Auch die Besuche in den Familien mussten wir wegen Corona stark einschränken, da wir Ehrenamtliche oft selbst zur Risikogruppe gehören.

So habe ich Mitte Dezember entschieden, mit den mir bekannten Kindern und ihren Familien in der Gemeinschaftsunterkunft dennoch Kontakt zu halten. Ich mache das nun verstärkt über Whatsapp (Video-) telefonie oder über E-Mails.

Den vier Kindern einer syrischen Familie, die ich schon lange intensiv als Patin unterstütze, helfe ich in der Zeit des Homeschoolings bei der Erledigung ihrer Aufgaben.

Hierbei muss ich miterleben, dass es für geflüchtete Kinder fast unmöglich ist, im Homeschooling für die Schule zu arbeiten, besonders wenn sie noch nicht so gut Deutsch sprechen.

In den Wohnungen der Familien in der Gemeinschaftsunterkunft gibt es kein WLAN. Sie haben in der Regel weder digitale Geräte (außer einem Smartphone) noch einen Drucker. Die Schulcloud zu installieren und zu nutzen stellt eine weitere Hürde da. Die Kinder sind mit der Fülle der Aufgaben in allen Fächern überfordert, die Eltern können meist nicht helfen. Zusätzlich fehlt den Kindern der Austausch mit deutschsprachigen Gleichaltrigen, das heißt, sie haben fast keine Gelegenheit, die Deutsche Sprache zu üben.

Ich bin mit den Lehrern_innen in Kontakt, habe Zugangscodes zur Nutzung der verschiedenen Schulclouds zu bekommen und Arbeitsmaterialien für die Kinder ausgedruckt, die nicht in Werder zur Schule gehen. Stellvertretend für die syrischen Eltern habe ich Laptops/Tablets über die Schule beantragt.

Die Kinder schreiben mir mehrmals in der Woche. Wir telefonieren intensiv über Video, sprechen Arbeitsbögen durch und üben gezielt die Aussprache schwieriger Wörter. Zusätzlich habe ich den Kindern (und ihren Eltern) Youtube-Lernvideos geschickt, die sie zum Deutschlernen nutzen können. Die Kinder schicken mir ihre fertigen Arbeitsbögen über Whatsapp, die ich dann an die Lehrer_innen weiterleiten kann. Über Google und Google-Übersetzer versuchen wir gemeinsam, Vokabeln zu verstehen und Wissenslücken zu schließen. Nebenbei erzählten wir uns gegenseitig, wie wir unsere Tage in Coronazeiten gestalten und tauschen uns über Neuigkeiten zum Lockdown aus.

So verbringen wir im Videochat viel Zeit miteinander, lernen und lachen zusammen. Ich hoffe, dass ich so meinen „Patenkindern“ und ihren Eltern eine kleine Abwechslung in diesen harten Coronazeiten sein kann und wünsche mir, dass das Homeschooling bald ein Ende haben wird und dass die Kinder bald wieder in der Schule lernen können.

Ich freue mich auf ein echtes Wiedersehen

Bärbel Titze