Erste Corona-Erkrankung in der Gemeinschaftsunterkunft in Werder (Havel) – Wie weiter?

3.5.2020
Seit Herbst 2018 versucht das Netzwerk Neue Nachbarn Werder das Leben der Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft durch Deutschunterricht, Kinderbeschäftigung, Spiel und Nähnachmittage, Begegnungscafé, Ausflüge und einiges mehr zu bereichern.
 
Mit Beginn der Coronakrise haben wir angefangen uns noch intensiver dafür einzusetzen, dass die Wohnungen auch als abgeschlossene Einheiten genutzt werden können. Das bedeutet, dass die bereits vorhandenen Küchenanschlüsse auch mit Herd und Spüle versehen werden sollten, damit dort gekocht werden kann anstatt in der Gemeinschaftsküche mit ca. 20 Herden und einer kleinen Spülküche, wo der geforderte  Abstand von 1,50 m unmöglich einzuhalten ist. Diese Maßnahme sollte dem Schutz vor Infektionen dienen, weil die Familien dann viel mehr in ihren Wohnungen bleiben könnten.
 
Aber vergeblich. Nun ist es zu einer ersten Infektion in der Unterkunft gekommen, und niemand weiß, ob der Kranke bereits andere Menschen angesteckt hat – was wir verhindern wollten. Der Landkreis hat die Familie in eine als zentrale Quarantänestation genutzte Gemeinschaftsunterkunft in Teltow verlegt. Dabei könnte sie sich mit funktionierendem Herd und Spüle in ihrer vertrauten Wohnung in Werder selbst versorgen und damit die schwierige Zeit der Quarantäne mit weit geringerer Belastung durchstehen.

Was haben wir alles versucht:
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg kann angeblich nichts machen, der Landkreise wäre zuständig und entscheidungsbefugt.
Die Bügermeisterin von Werder kann für die neuen Bürger ihrer Stadt leider nichts machen, der Landkreis sei zuständig, und auf ihre Bitte an den Landrat, sich zu kümmern, hat sie keine Antwort erhalten.
Die von uns angeschriebenen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung bleiben uns (bis auf eine) eine Antwort zu unserer Bitte um Hilfe schuldig.
Der persönlich zum 2. Mal angeschriebene Landrat samt allen Kreistagsfraktionen reagieren lieber nicht.
In einem 1. Schreiben von uns im März 2018 an den Landkreis wurde unser Vorschlag mit fadenscheiniger Begründung abgelehnt.

Auf einer Bürgerversammlung im Oktober 2018 hatte Landrat Blasig noch in Aussicht gestellt, dass Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein separate Wohnungen in dem Objekt anmieten könnten. Abstimmungen dazu seien angestoßen. Das Heim mit 240 Plätzen bestehe aus einzelnen Einheiten mit Badezimmern und Gemeinschaftsküchen auf drei Etagen. In den Wohnungen könnten Küchenzeilen nachgerüstet werden. „Daran halte ich mich“, sagte Blasig  (siehe MAZ vom 11.10.18, https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam-Mittelmark/Werder-Havel/Fluechtlinge-sollen-naechste-Woche-ins-Werderaner-Heim-ziehen).

Heute aber antwortet sein Fachdienst für Soziales und Wohnen mit mehreren identischen Briefen an verschiedene Menschen: 

“ Es handelt sich hierbei um eine Gemeinschaftsunterkunft, in der von Anfang an eine zentrale Nutzung von Gemeinschaftsküchen vorgesehen war. Dementsprechend wurde dies auch seitens der Baubehörde so genehmigt. Eine einfache Umnutzung ist ohne Weiteres nicht möglich, so dass wir bei der jetzigen Nutzung bleiben müssen.“ 

Das stimmt so eben nicht.
Die Familien wohnen nun in abgeschlossenen Wohnungen mit Küchenanschlüssen, deren Freigabe der Landkreis auch unter Coronabedingungen verweigert.
 
Was halten wir davon? Wieso verweigert man den Menschen die Fürsorge und Möglichkeit der Einhaltung der Abstandsregeln sowie Quarantänemöglichkeiten in eigenen Wohnungen?? Warum werden die Betroffenen, die schon Stress genug haben, hin und hergeschoben wie Schachfiguren? Weil sie keine Wähler sind.
Es ist für die ehrenamtlichen Helfer ein schreckliches Gefühl nicht jede Möglichkeit des Schutzes für die Bewohner der Unterkunft genutzt zu sehen.
 
Nicht akzeptierbar auch, dass die Kinder für das Homeschooling nicht genügend in den Wohnungen mit Internet (WLan) ausgestattet sind und dadurch einen großen Bildungsnachteil gegenüber ihren Mitschülern haben. 
 
Wer kann noch helfen? 
Wir brauchen keinen Integrationspreis, wenn unsere Vorschläge immer wieder in den Wind geschlagen werden. Wir wollen auch nicht als Aushängeschild für gut gelungene Integration benutzt werden, solange wir gegen solche Wände laufen.

Das NNNW

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